US-Wohnungsbauminister: In einem wiederaufgebauten New Orleans wird es weniger arme Schwarze geben

Jerry Isaacs

Version des Originals: 2005-10-04
Version der Übersetzung: 2007-02-16

[Original: www.wsws.org/articles/2005/oct2005/newo-o04.shtml]

Übersetzung: Martin Ingenhütt
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Die wirkliche Vorstellung der Verwaltung von New Orleans bestätigte Präsident Bushs Minister für Wohnungsbau und Stadtentwicklung, als er letzte Woche zu Reportern sagte, dass es nach dem Wiederaufbau in der Stadt weit weniger arme Schwarze geben werde.

In einem Interview mit dem Houston Chronicle kündigte Minister Alphonso Jackson an, dass New Orleans nach und nach immerhin 375.000 Menschen zurückgewinnen werde, darunter aber nur etwa 35 bis 40 Prozent Schwarze. Vor dem Hurrikan Katrina hatte die Stadt fast 500.000 Einwohner, von denen zwei Drittel Afro-Amerikaner waren: 'Ob es uns gefällt oder nicht, New Orleans wird für eine lange Zeit keine 500.000 Einwohner haben' sagte Jackson. 'New Orleans wird nicht so schwarz sein, wie es lange gewesen ist.'

Jackson, von Bush für die Hilfe im Wiederaufbau der Stadt bestellt, machte deutlich, dass dieses Ergebnis nicht einfach Folge von Hurrikan und Überflutung ist, sondern erwünschte Politik sowohl der Bush-Administration als auch der städtischen Politik- und Finanzelite.

Weil die meisten der betroffenen Gebiete Viertel mit niedrigem Einkommen und mit Minderheiten waren, fügte Jackson hinzu, werden sie möglicherweise nie wieder bewohnbar gemacht. 'In meiner Eigenschaft als Minister für Wohnungs- und Stadtentwicklung und als ehemaliger Entwickler und Stadtplaner sage ich ihnen, was sein wird.'

Jackson bestätigte auch, dass er New Orleans Bürgermeister Ray Nagin angewiesen hat, den hauptsächlich armen und schwarzen neunten Bezirk (Ninth Ward) nicht wieder aufzubauen. 'Ich sagte ihm [Nagin], nach meiner Meinung wäre es ein Fehler, den Ninth Ward wieder aufzubauen. Ich sagte, ich weiß nicht, was wir damit machen. Oder wenn wir schließlich doch im neunten Bezirk bauen, müssen wir andere Arten zu bauen prüfen.'

Der Minister machte deutlich, dass der neunte Bezirk zu überflutungsgefährdet sei, um wieder aufgebaut zu werden, und wiederholte dabei Vorschläge örtlicher Offizieller, das Viertel zu planieren. Jackson machte aber dennoch keinen ähnlichen Vorschlag für wohlhabendere Viertel, die genauso gefährdet sind, wie etwa Lakeview, ein hauptsächlich weißes Viertel der oberen Mittelklasse, das von Flutwellen des nahegelegenen Sees Pontchartrain überflutet worden war.

Einfach gesagt, die Mehrheit der Armen wurden zur Evakuierung gezwungen, sagte Jackson, und sie kommen nicht zurück.

Die Bundesregierung hat nichts unternommen, um der Mehrheit der 350.000 Familien Schutz oder billige Wohnmöglichkeiten zu bieten, die vom Hurrikan Katrina vertrieben wurden - viele davon sind wenig mehr als Flüchtlinge, verteilt über die gesanmte USA. Zwei Wochen vor Präsident Bushs Ziel, die Opfer Mitte Oktober aus Rote-Kreuz- und anderen Notunterkünften zu entlassen, leben über hunderttausend Menschen immer noch in derartigen Notunterkünften und andere vierhunderttausend in Hotelzimmern zu Preisen bis einhundert Dollar pro Nacht, so ein Bericht der Washington Post vom 2. Oktober.

Pläne, Wohnberechtigungssscheine auszugeben und große Wohnwagenplätze einzurichten, sind im Sand verlaufen. Bis heute hat die Federal Emergency Management Agency (FEMA) nur gut 1400 Wohncontainer für Obdachlose eingerichtet - und von diesen sind auch noch etwa 1100 durch Arbeiter belegt, die bei den Wiederaufbauarbeiten beschäftigt sind.

Im Wissen, dass das Fehlen bezahlbarer Unterkünfte und Jobs es den meisten Armen unmöglich machen wird, nach New Orleans zurückzukehren, haben FEMA-Offizielle jetzt Arbeiter mit geringem Einkommen offen ermuntert, fortzuziehen. Evakuierte, sagte FEMA-Sprecher Eugene Kinerney, 'sollten längerfristig Wohnmöglichkeiten in Gebieten in Betracht ziehen, wo es bezahlbare Mietangebote und Aussicht auf Beschäftigung gibt, um andere Bedürfnisse, etwa nach Nahrung, zu befriedigen.'

Alphonso Jacksons Komentare, dass New Orleans in Zukunft keine Stadt mehr mit schwarzer Mehrheit ist, ist von den bigottsten Elementen sicher begrüßt worden. Im Grunde genommen drückt er aber die Geringschätzung der Arbeiterklasse aus, die von allen Schichten reicher Elite, ob weiß oder schwarz, geteilt wird. Jackson, selber schwarz, war Präsident der American Electric Power Texas, einem 13-Milliarden-Dollar Energieunternehmen, bevor er 2001 von Bush zum Minister ernannt wurde.

In der Tat sagte Jackson nur öffentlich, was die geschäftlichen und politischen Institutionen in New Orleans und in den gesamten USA schon länger außerhalb der Öffentlichkeit diskutieren. Diese Eliten sehen den Hurrikan als eine goldene Gelegenheit, durch eine Art Klassensäuberung die Stadt von 'unerwünschten Elementen' zu befreien - eine Chance, New Orleans nach ihren eigenen Interessen neu zu formen, mit weiteren Steuervorteilen und Milliarden durch Wiederaufbauverträge mit der Regierung.

Diese reaktionären Gefühle wurde in der Bemerkung eines Wohnungssachverständigen festgehalten, den die Times Picayune aus New Orleans zitiert. Er sagte: 'Das mag böse und verdorben klingen, aber wenn wir die Hunderttausend der Unterschicht loswerden können, die der Gemeinschaft nur nehmen und nicht geben, wird es uns viel besser gehen.'

Schon durch die Vernachlässigung und Inkompetenz der Regierung auf allen Ebenen zu Opfern gemacht, werden Hunderttausende von verdrängten Familien der Arbeiterklasse in New Orleans keine Möglichkeit haben, ein Veto zu der Art des Wiederaufbaus einzulegen.

Das wurde deutlich in der personellen Besetzung, die von Bürgermeister Nagin für seine siebzehnköpfige 'Bring New Orleans Back'-Kommission ausgewählt wurde, die den Wiederaufbau der Stadt steuern soll: Darin finden sich der Multimillionär und Grundstücksspekulant Joseph C. Canizaro und der Schiffsbaumogul Donald T. Bollinger, größere Spender der Republikaner mit engen persönlichen Beziehungen zu Präsident Bush. Nach der Ausstellung eines Schecks über eine Viertlmillion Dollar für den Republikanischen Nationalen Wahlausschuss im Jahr 2000 sagte Canizaro: 'Man muss sich an der Regierung beteiligen, wenn man etwas von ihr bekommen möchte.'

Im Zusammenhang mit dem Disaster, das Hunderttausende von Einwohnern von New Orleans getroffen hat, sagte Canizaro (der selbst in einer Villa im europäischen Stil lebt, deren Bau vier Jahre gedauert hat), der Hurrikan habe eine 'neue Seite aufgeschlagen' für einen Neubeginn, und 'einige sehr große Möglichkeiten'.

Weitere Mitglieder dieser Kommission sind Vertreter der schwarzen Elite der Stadt, darunter Alden McDonald Jr., leitender Angestellter der Liberty Bank and Trust Company, Daniel Packer, Geschäftsführer der örtlichen Niederlassung der Entergy Corporation und David White, ein früherer Geschäftspartner Bürgermeister Nagins.

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